Ich bin Jutta, 36 Jahre alt, verheiratet und komme aus Wetzlar. Ich habe eine 6-jährige Tochter und bis zu ihrer Geburt habe ich als Erzieherin im Elementarbereich gearbeitet. Nach der Elternzeit habe ich dann festgestellt, dass ich irgendwie keinen Nerv mehr für diesen Job habe – ich bin noch ein paar Mal wieder eingestiegen, aber es hat mir keinen Spaß mehr gemacht. Deshalb versuche ich tatsächlich im Moment, mein Hobby – Lettering und so – zum Beruf zu machen.
Ansonsten bin ich freiwillig hauptsächlich Mutter und Hausfrau und nein, mir ist auch nicht langweilig und ich bin trotzdem pro Emanzipation. Ich liebe Backen, koche aber nicht gerne. Wenn ich mein Geld zum Fenster rauswerfe, dann für Schuhe – oder eben Stifte. Ich tanze leidenschaftlich gern Hip Hop und etwas weniger gern Zumba, weil mir aber alle Knochen weh tun dabei, gehe ich lieber walken.

Wie bist du zum Lettering gekommen?
Ich bin ziemlich klassisch – wie die Meisten wahrscheinlich – zum Lettering gekommen. Schönschrift und besondere Elemente in diesem Bereich, sowie Illustration hat mich schon immer begeistert und in meinem Beruf konnte ich zum Glück auch relativ viel davon anwenden. Ich war die Frau für die Aushänge, Elternbriefe, Ankündigungen, Deko, all das, was einem ins Auge fallen soll. Und auch privat habe ich natürlich weniger Geburtstagskarten gekauft, als selbst gemacht.
Da ich Social-Media-mäßig allerdings ein spätes Mädchen bin, hat es verhältnismäßig lange gedauert, bis ich auf Instagram unterwegs war und dort erstmals über den Begriff „Lettering“ gestolpert bin. Ich sah damals einen Schriftzug in einem ansonsten eher Lifestyle-lastigen Feed und dachte: Wow, das sieht ja toll aus! Lettering habe ich dann gegoogelt und man ahnt, was dann kam 😉
Über Frau Hölles Empfehlungen habe ich die ersten Stifte und einen Guide angeschafft und im Dezember 2016 gings los. Wenn ich mir heute mein erstes Lettering anschaue und meine damalige Begeisterung darüber, dann muss ich schon schmunzeln…
Was gefällt dir / fasziniert dich so sehr am kreativen Schreiben?
Lettering beinhaltet für mich alles, was ich gut kann. Einen Text oder eine Zeile in Szene setzen, kleine Akzente mit Aquarell oder einen Hintergrund schaffen, dem ganzen einen Rahmen geben. Und das Ganze dennoch oft sehr schlicht, es braucht weder Farbe, noch Schablonen, noch Bastelkram. Wir Erzieher sind ja gern mal als Basteltanten verschrien – ich hab das immer gehasst. Meine Kreativität war auch damals schon eine Spur schlichter. Im Prinzip hat das, was ich schon immer gut konnte jetzt einfach einen Namen.
Wenn ich Pinsel oder Stifte in der Hand habe und am Schreibtisch sitze, fühle ich mich zuhause. Ich merke oft gar nicht, wie die Zeit dabei vergeht.

Woher holst du dir die Ideen zum Lettern?
Meine Ideen stammen überwiegend von mir selbst oder Instagram. Ich bin nach wie vor wenig medial unterwegs, aber in meinem Kopf sind immer tausend Sachen unterwegs, die ich gerne unbedingt ausprobieren möchte.
Material-Anregungen hole ich mir meistens über Instagram, weil ich mich insgesamt noch wenig auskenne mit allem. Zum Glück bin ich ja auf die fabelhafte Läddergäng gestoßen und kann dort jederzeit jeden alles fragen. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Teil einer solchen Gemeinschaft sein würde, die eine Leidenschaft teilt und die so freigiebig Wissen und Anregungen weitergibt. Niemand stellt sich an, es wird respektvoll mit dem Können anderer umgegangen, man wird ermutigt, wenn man mal unzufrieden ist. Ich bin sehr stolz und dankbar, ein Läddergängster sein zu dürfen.

Wie gehst du vor bei einem Lettering?
Ich habe selten einen Plan bei einem Lettering. Ich bin allerding überkorrekt und deshalb ein großer Freund des Vorschreibens 😉 Anfangs hatte ich noch große Probleme, ohne Hilfen das Ganze z. B. zu zentrieren, aber mit immer mehr üben gelingt das tatsächlich mittlerweile fast von allein. Leider plane ich oft zu wenig Platz ein und es wird am Ende eng oder ich vergesse, dass die Bleistiftlinien deutlich dünner sind, als später der Pinsel oder der Brushpen.
Manchmal habe ich eine grobe Vorstellung, wie etwas aussehen soll, aber meistens lege ich einfach los. Ich muss das Ganze erstmal sehen, bevor ich sagen kann, ob es mir gefällt. Leider verbrauche ich dadurch Unmengen Papier und Farbe, weil ich dann doch erstmal unzufrieden bin. Aber oft kann ich das Anfangen einfach nicht erwarten. Und dummerweise vergesse ich total viele Buchstaben, obwohl ich grammatisch sonst echt auf der Höhe bin 😉 schon allein deswegen lohnt sich das Vorschreiben mit einem weichen (!) Bleistift.
Welche „Technik“ bevorzugst du?
Ich habe keine spezielle Lieblingstechnik und auch noch keinen unverwechselbaren Stil, ich bin noch voll in der Erprobungsphase, wie man auch an meinen Fotos sieht. Einerseits finde ich das schade, weil ich das total cool finde, wenn man ein Lettering anschaut und weiß: DAS ist ein echter Mesas! DAS hat Bianca verblendet, das sieht man sofort. 😉

Mit welchem Material letterst du am liebsten? (Stift, Papier, …)
Ich habe noch keine Sparte als die einzig Wahre auserkoren. Ich kann leider nicht gut mit Brushpens lettern, die Tombows z.B. sind gar nichts für mich. Ich finde sie durch die sehr flexible und lange Spitze schwer händelbar, fast hätte ich damals wieder aufgegeben. Aber die Pitt Artist Pens von Faber Castell zum Beispiel finde ich toll. Leider sind sie nicht wasserlöslich und eignen sich daher nicht zum Verblenden.
Ich mag schwarz-weiße Letterings auf Kraftpapier sehr gerne, dabei kann man sich in verschiedenen Schreibstilen üben und das Ganze hat immer einen leicht edlen Touch, finde ich. Ich mag es nicht überladen, cleane Schriftzüge gefallen mir gut. Dafür benutze ich den Pigma Micron in verschiedenen Stärken und den Tombow Fudenosuke hard. Plus einen geeigneten weißen Gelmarker, den Uniball Signo zum Beispiel.
Aber auch mit den Ecolines arbeite ich unheimlich gern, wahrscheinlich auch deshalb, weil sich ein schönes, schlichtes Aquarell gut mit einem simplen Schriftzug verbinden lässt.

Was ist deiner Meinung nach das Wichtigste, damit ein Lettering schön aussieht?
Mir ist ein harmonisches Gesamtbild unheimlich wichtig, dabei kann ich auch furchtbar pingelig sein. Ich habe eine sehr eigene Vorstellung davon, wie etwas wirken soll, da kann schon ein Klecks an der falschen Stelle dafür sorgen, dass ich alles nochmal mache. Zu viele Stile auf einem Blatt irritieren mich eher. Blending, Schnörkel, Kleckse plus Regenbogenfarben können, selbst wenn diese stimmig sind, das Ganze einfach zu voll erscheinen lassen. Ich konzentriere mich deshalb eher auf eine Sache, die wirken soll, höchstens zwei. Weniger ist mehr.
Ein klares Schriftbild finde ich ganz wichtig, ich muss auch noch lesen könne, was da gelettert wurde. Deswegen arbeite ich viel an meinen eigenen Buchstaben, damit sie flüssig aufs Papier kommen – zu viel korrigieren sieht man einfach immer. Wenn man einen Buchstaben nachschreibt, muss man das auch bei allen anderen tun. Soviel zur Pingeligkeit meinerseits.
Welche Tipps & Tricks helfen dir am Meisten?
Ich habe keinen besonderen Kniff, der mir beim Lettern hilft. Aber ich probiere alles mal aus, was mir clever erscheint oder Sinn macht. Wichtig ist, glaube ich, dass man das passende Material für sich findet. Nicht alles, was irgendwer für Anfänger anpreist, ist deshalb für einen selbst geeignet. Man muss einfach ein bißchen ausprobieren, ich glaube, es gibt für jeden das passende Werkzeug. Und gerade am Anfang ist es wichtig, schnell Erfolgserlebnisse zu haben, sonst misst man sich nur mit den Profis und ist frustriert.
Schon ein gutes Papier macht einen großen Unterschied aus, ich habe anfangs auf einem aus der Drogerie gemalt und als ich dann mal eines aus dem Fachhandel hatte, war das wie eine Erleuchtung. Genau so mit den Stiften. Weil ich nur von den Tombows gehört hatte, hatte ich auch nur solche, kam aber überhaupt nicht damit zurecht. Da lohnt es sich, lieber erstmal nur ein, zwei Stifte zu kaufen und lieber nochmal eine andere Marke zu testen.
Toll ist natürlich, wenn man eine Plattform findet, über Instagram oder Facebook, auf der man sich darüber austauschen kann. So findet man schnell jemanden, der einem weiterhelfen kann.
