Was für eine Enttäuschung: Achtsam scheitern
Manchmal beschleicht mich schon während des Ausarbeiten des Motivs so ein Gefühl. Dann scheint sich jeder Pinselstrich gegen mein Bild zu stellen. Mitunter hilft es dann dran zu bleiben, dieses Gefühl auszublenden und das angefangene Bild zu vollenden, um dann zu sehen, dass ich letztlich doch alles ineinander fügt. Die einzelnen Bereiche verschmelzen zu einer Komposition.
Dann wieder hilft es überhaupt nicht, dran zu bleiben. Am Ende stimmt “irgendwas” nicht, das Ergebnis ist nicht stimmig. Ja, und was soll ich sagen, genau das passierte mir mit meinem LOF Motiv. Ich betrachtete es und es sprach mich nicht an. Also, gar nicht.
Jetzt neige ich, wie viele andere Menschen auch, erst mal dazu, unglaublich kritisch zu sein. Der eigene subjektive Blick, den ich auf meine Bilder habe, ist immer ungnädiger, als der objektive Blick, den ich auf die Werke anderer habe. Warum das so ist, darüber lassen sich auch viele Abhandlungen schreiben. Aber darum soll es hier nicht gehen. Ich möchte dir viel lieber davon erzählen, wie ich in den letzten Jahren gelernt habe, liebevoller auf meine Ergebnisse zu schauen. Um das zu tun, ist es wichtig, seine innere Kritikerin in eine liebevolle und achtsame Freundin zu wandeln. Denn, welche beste Freundin würde schon so mit dir ins Gericht gehen, wie du es selbst gern tust?
Der erste Schritt war, meinen inneren Kritiker offen zu begegnen und mich zu fragen, wie ich meinen Lieblingsmenschen antworten würde. Diese Stimme, die ständig unangenehme Kritik übt und Zweifel an den eigenen Fähigkeiten sät, bietet ja gar keinen Raum, um Platz für konstruktive Gedanken zu schenken. Also habe ich (und mache ich immer noch gerne) so lange, bis ich mir selbst Freundin sein konnte, meine Lieblingsmenschen um Feedback gebeten, was mir oft genug neue Blickwinkel auf mein Bild und unerwartete Gedanken brachte. Und nein, das ist kein Heischen um Lob oder Anerkennung (auch ein Gedanke, den ich habe ziehen lassen), es ist einfach eine ehrliche Anfrage um eine objektive Meinung.
Na, und genau das habe ich dann auch mit dem LOF Schmetterlings-Motiv gemacht: Ich habe es meiner Schwester gezeigt und sie gefragt, ob es sich für sie stimmig anfühlt. Hat es nicht. Da konnte ich mir sicher sein, dass meine Einschätzung nicht subjektiv ist und ich das Motiv noch einmal überdenken sollte. Hat mich natürlich genervt, immerhin war ich schon nicht mehr im Zeitplan und sollte meinen Beitrag schnellstens an Debby liefern. Aber es hat mich auch sehr erleichtert, ich konnte das Motiv loslassen und mich auf den Weg zu einer neuen Idee machen.
Einen Schritt zurück, zwei Schritte voran
Oft genug ist es allerdings auch der Fall, dass meine Schwester mir antwortet, wie wunderbar sie mein Motiv findet. Obwohl ich es eben als nicht so gelungen ansehe. Dann hilft es mir einen Schritt zurücktreten, um das große Ganze zu sehen, denn während des Malens steckt man doch sehr in den Details (ein Strichlein hier, ein Tupfer Farbe da, usw.). Das mache ich, indem ich das Bild beiseite lege, gern auch so, dass ich es wirklich nicht mehr sehe. Getreu dem Motto “Aus den Augen, aus dem Sinn”. Nicht nur für fünf Minuten, nein, manchmal für Tage. Diese Pause ermöglicht es mir, das Motiv objektiver zu betrachten, ohne eine zu starke emotionale Bindung, zum Beispiel wegen der vielen Stunden, die ich bereits in die Erstellung investiert habe. Diese objektive Betrachtung ist dann entscheidend, um meinen Blick zu verändern und das Bild (manchmal mit kleinen Anpassungen) annehmen zu können.
Ein weiterer Schritt, der mir hilft, das Projekt gehen zu lassen und mich mit neu gewonnenen Fähigkeiten auf etwas Neues einzulassen, ist, das vermeintliche Scheitern als Teil des Weges zu betrachten. Tatsächlich ist es doch so – und, ja, es kostet Überwindung diesen Gedanken zuzulassen – jeder “Fail” ist eine wahre Fundgrube an Learnings. Man muss sich halt nur darauf einlassen. Genau hinschauen und überlegen, was habe ich gemacht (zum Beispiel zu viel Wasser verwendet) und was ist jetzt passiert (das Bild hat Trocknungsränder)? Gibt es Möglichkeiten, es beim nächsten Mal zu verhindern? Oder auch: Wie kann ich das vielleicht sinnvoll für ein Motiv verwenden?
Das Akzeptieren, also Annehmen, dieser Erfahrungen und das Ansehen des Scheiterns als Teil des kreativen Weges bringt mich letztlich immer voran. Jedes Scheitern schenkt wertvolle (okay… und auch ein bisschen schmerzhafte) Lektionen, die aber essentiell für die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten sind.
Und: Ohne wäre ich nicht bei meinem eigentlichen Motiv gelandet. Bei dem Motiv, welches die LOF24 Teilnehmer:innen mit mir gemeinsam im Video-Kurs malen können. Ohne diese Herausforderung und das Überwinden des vermeintlichen Misserfolgs hätte ich niemals das Motiv gefunden, das letztlich alles zusammenbrachte. Diese Erfahrung hat nicht nur mein Werk, sondern auch mich selbst bereichert und gezeigt, dass der Weg zum Erfolg selten gerade ist.
